Produktmanagement

Die 4 Fragen des guten Produktmanagements

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Martin Brüggemann

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Erschreckend viele Softwareunternehmen in Europa verschwenden Tag für Tag unnötig Geld und Entwicklerressourcen. Oft werden unklare Feature-Ideen vorschnell erfasst, geplant und umgesetzt, ohne die Kernfragen eines vernünftigen Produktmanagements für jede Idee kurz gemeinsam beantwortet zu haben. Dabei gibt es nichts Billigeres, als Feature-Ideen schon im Vorfeld auf den Punkt zu bringen, um hinterher bei der Umsetzung möglichst wenig Energie, Zeit und Kosten zu verschwenden. Mehr noch: Viele Features würden gar nicht erst gebaut werden, wenn man sich im Vorfeld bemüht hätte, die vier einfachen Fragen des guten Produktmanagements zu beantworten.

Die 4 Fragen des guten Produktmanagements

  1. Gibt es einen Business Case oder einen unmittelbaren Mehrwert?
  2. Können die Benutzer es verstehen?
  3. Können wir es umsetzen?
  4. Passt es zu unserer Strategie, unseren Werten und geltenden Gesetzen?

Frage 1: Nutzwert

Gibt es einen Business Case oder einen unmittelbaren Mehrwert?

Baue niemals etwas in dein Softwareprodukt ein, von dem nicht klar ist, welchen Nutzen es für deine Benutzer hat oder was du damit verkaufen willst.

Tipp: Wenn du dir unsicher bist, ob deine Kunden die neue Idee kaufen oder nutzen werden, fake das Feature zunächst und teste live, wer bereit ist, es zu kaufen oder zu nutzen.

Frage 2: Usability

Können die Benutzer es verstehen?

Ist die Benutzerfreundlichkeit der Feature-Idee schlecht oder nicht zu Ende gedacht, können die Benutzer das neue Feature gar nicht oder nur umständlich nutzen. Im schlimmsten Fall wirkt sich dies auf die Wahrnehmung des Gesamtprodukts durch den Kunden aus. Je schlechter die UX (User Experience), desto geringer die Begeisterung für das Produkt und die Weiterempfehlungsrate. Gute Produkte machen komplexe Funktionen einfach. Sie bieten eine intuitive UX, die begeistert.

Tipp: Möglichst viele Klickdummies bauen (z.B. mit Figma) und mit unterschiedlichen Nutzergruppen testen. Mit echten Kunden (oder unbeteiligten Mitarbeitern) sprechen und früh Praxisfeedback zur geplanten Idee einfließen lassen.

Frage 3: Umsetzbarkeit

Können wir es umsetzen?

Viele Unternehmen binden ihre umsetzenden Mitarbeiter (z.B. die Programmierer) viel zu spät ein - oft erst wenn eine Featureidee bereits eingeplant ist und nach festgelegter Spezifikation umgesetzt werden soll. Dabei verfügen die umsetzenden Entwickler über genau das Fach-KnowHow, um zu beurteilen, ob und wie ein Feature am effizientesten konzipiert und umgesetzt werden kann.

Tipp: Beziehe deine Entwickler in Form von regelmäßigen Discovery-Meetings in die Details deiner Feature-Ideen mit ein. Hol dir früh Feedback zur möglichen Umsetzung und suche nach sinvollen Kompromissen, um die technische Komplexität zu reduzieren und gleichzeitig die Usability zu steigern.

Frage 4: Umgebungsvariablen

Passt es zu unserer Strategie, unseren Werten und geltenden Gesetzen?

Sind die ersten drei Fragen mit "ja" beantwortet, kann es trotzdem Sinn machen eine Feature-Idee frühzeitig zu begraben. Denn auch wenn die Idee an sich gut ist, kann sie konträr zu deiner Strategie, der Product-Roadmap, geltendem Recht, moralischen Grundsätzen oder deinen Unternehmenswerten sein und diese sogar behindern.

Tipp: Definiere eine klare Vision, Mission und Werte. Fokussiere dich auf deine Positionierung und Zielgruppe um langfristig eine starke Marke mit tollen Produkten aufzubauen anstatt jede Chance mitnehmen zu wollen. Tipp2: Auch abgelehnte Feature-Ideen haben einen hohen Wert. Baue einen "Ideenfriedhof" auf, um transparent mit abgelehnten Ideen umzugehen. Alles was nicht erneut diskutiert werden muss, spart Zeit und neue Mitarbeiter bekommen wertvolle Einblicke in vorangegangene Diskussionen.

Hintergrund und Product Discovery

Die vier Fragen des guten Produktmanagements sind nicht von mir erfunden, sondern ergeben sich aus den vier Risiken des Produktmanagements von Marty Cagan (Product Discovery Guru). Dieser bezeichnet die vier Risiken des Produktmanagements als "value risk", "usability risk", "feasibility risk" und "business viability" risk. Für Nicht-Muttersprachler sind diese Begriffe jedoch in der Regel schwer verständlich, weshalb ich mir in meiner Beratungstätigkeit angewöhnt habe, stattdessen die oben genannten Fragen in einfacher Sprache zu verwenden.